
Riech mal! – Duft und Geschlechteridentitäten: Eine olfaktorische Erforschung
Wie hängen Duft- und Geschlechtsidentitäten zusammen?
Nimm Teil an unserer Umfrage:
https://forms.gle/yk5ewFudMWvoifGq7
Jeder Mensch hat einen individuellen Körpergeruch, der sich über das Leben hinweg verändert. Diese Veränderung hängt von unterschiedlichen Faktoren ab: Babys riechen anders als Pubertierende, Fleischesser*innen anders als Vegetarier*innen und manche Erkrankungen verändern ebenfalls den eigenen Geruch. Der Körpergeruch gleicht einem Fingerabdruck. Auf Grund von regelmäßiger Reinigung der Haut und Kleidung sowie der Verwendung von zusätzlichen Duftstoffen in Deos, Parfüms, Waschmittel und Shampoo überdecken wir diesen. Wir selbst können unseren Individualgeruch nur in seinen extremen Formen riechen. Um eine permanente Wahrnehmung des eigenen Geruches zu vermeiden, blendet das Nervensystem diesen aus, um sich vor einer Überladung an Informationen zu schützen. Trotzdem können wir unseren Körpergeruch nicht vollständig verdecken.1 Wie wir diesen und den von anderen Menschen wahrnehmen, hat sich im Laufe der Jahrhunderte oftmals geändert. Während wir heute, wie bereits erwähnt, besonders stark auf Hygiene und die Kontrolle unserer Körpergerüche achten, wurden bis zum Ende des 18. Jahrhundert in europäischen Gesellschaften viele Gerüche, die wir heute als Gestank einstufen würden, gar nicht als solcher wahrgenommen.2 Geruchswahrnehmungen und Reinlichkeitsvorstellungen sind somit äußerst relativ und kulturspezifisch. Im Mittelalter bis zur Zeit des Barocks wurde beispielsweise vermutet, dass vom Wasser Krankheiten wie die Pest ausgehen würden, daher galt es im Adel als hygienischer sich stark zu parfümieren statt sich mit Wasser zu waschen. Auch wurde teilweise eine Körperreinigung vermieden, da der eigene Körperduft als potenzielles Verführungsmittel betrachtet wurde.3
Auch bei unserer Umfrage bestätigten ca. 70%, dass sie Deo und Parfüm sowohl für sich selbst als auch für andere, das heißt soziale Zusammenhänge, verwenden. In der Tierwelt sind Duftstoffe als Kommunikationsmittel sowie Pheromone längst erwiesen und spielen eine große Rolle beim Sexualtrieb.4 Bei uns Menschen ist die Frage nach Pheromonen immer wieder umstritten. Dennoch ist sich ein Großteil der Wissenschaftler*innen einig, dass wir keine Pheromone wie die Tieren haben, jedoch der Körpergeruch durchaus unsere Partner*innenwahl beeinflussen kann.5 Also müssten wir eigentlich mehr unseren eigenen Körpergerüchen sowie unserer Nase vertrauen, denn durch sie können wir die Gene unseres Gegenübers „riechen“. So ergab auch unsere Umfrage, dass knapp 80 % den Einfluss des Geruchs auf ihre Partner*innenwahl als entscheidend wahrnehmen. Wissenschaftler*innen beobachteten bei Paaren, dass diese meist sehr gegensätzliche Immunsysteme, also auch Körpergerüche haben, was bei einem gemeinsamen Kind ein breiten Genpool zur Folge hätte. Bei Freundschaften sei laut aktueller Studien genau andersherum: Hier riechen die Körper meist sehr ähnlich.6
Auch der Menstruationszyklus kann Einfluss auf die Geruchswahrnehmung haben. So nehmen Menschen während des Eisprungs Achselschweißgeruch deutlich weniger intensiv wahr, was wiederum nicht mit einer steigenden Attraktivität gleichzusetzen ist. Ebenfalls ergab eine Studie, dass in einem Stripclub, Personen, die an ihren fruchtbaren Tagen arbeiten, mehr Trinkgeld erhalten.7 Dies lässt vermuten, dass über den Duft deutlich mehr Wissen kommuniziert wird, als es uns üblicherweise bewusst ist.
Insgesamt ist festzustellen, dass beim Thema Körpergeruch in Bezug auf zwischenmenschliche Beziehungen und Menstruationszyklus noch großer Forschungsbedarf besteht. Insbesondere auch mit dem Fokus auf den nicht cis-heteronormativen Teil der Gesellschaft.
Umfrageergebnisse










Welche Adjektive bzw. Beschreibungen würdest du „männlichen“ Gerüchen / Deos / Parfums zuordnen?
- Erdig, Wald, herb, Kräuter
- Frisch eisig
- Frisch, sportlich
- Holzig, schwer
- tief, intensiv, manchmal beißend, dunkel
- intensiv, überfordernd, aufdringlich
- frisch, kühl, intensiv
- scharf, intensiv, dunkel, dominant
- Herb/beißend
- Intensiv, einnehmend, sicher
- Zitrus
- Wald-/Baumdüfte, „schwerere“ Düfte
- holzig, Oud, Leder, Tabak
- Derbe, sportlich, roh, schwer, dunkel…sowas halt
- Frische, Rasierwasser, Meer, Windig
Top 3 männliche Duftbegriffe sind “herb”, “holzig” und “intensiv”

Welche Adjektive bzw. Beschreibungen würdest du „weiblichen“ Gerüchen / Deos / Parfums zuordnen?
- Blumig, süß, frisch
- frisch, fruchtig, süß, blumig, lieblich, leicht
- Blumig, sinnlich, frisch
- sommerlich, blumig weich
- sanft, bewusst
- komplimentär, naturverbunden, leicht, süß, angenehm
- blumig, abgerundet
- Floral/fruchtig
- Puder
- süßlich, warm, blumig
- Blumig, leicht, frisch, süß, herrlich
- Blumig, süß, nervig
- Blumen, Seife
- Rosig, blumig, süßlich
Top 3 weibliche Duftbegriffe sind “süß”, “blumig” und “fruchtig”




Auflösung der Duftproben im Burgtheater:
Duft 1: Beulco clean Desinfektionsspray, geruchsneutral
Duft 2: Dior sauvage
Duft 3: Biotherm eau vitaminée, spray de fraîcheur refreshing mist
Duft 4: Isana Deo, soft blossom
Duft 5: Speick Deo bio-Wirkprinzip, Extrakt der hochalpinen Speick-Pflanze aus biologischer Wildsammlung, Echinacea und Salbei
Quellen:
1 Hatt, Hans; Dee, Regine: Die Lust am Duft – Wie Gerüche uns verführen und heilen, Springer Berlin, 1. Auflage 2023, S. 49f.
2 Corbin, Alain: Pesthauch und Blütenduft. Eine Geschichte des Geruchs. Berlin 1984, S. 83.
3 Hatt; Dee: Die Lust am Duft, S. 51.
4 Frasnelli, Johannes: Wir riechen besser als wir denken – Wie der Geruchssinn Erinnerungen prägt, Krankheiten voraussagt und unser Liebesleben steuert, Molden Verlag, 2022, 2. erweiterte Auflage, S. 69ff.
5 Ebd. S. 79.
6 Hatt; Dee: Die Lust am Duft, S. 57.
7 Ebd. S. 53.